Nur 20 Prozent aller Auszubildenden im Handwerk sind Mädchen. Was muss passieren, damit mehr junge Frauen sich für eine duale Ausbildung in Deutschlands vielfältigstem Wirtschaftsbereich interessieren. Wir haben nachgefragt. Handwerk immer noch nur Männersache?
Hannover.- (sw) Handwerk ist scheinbar immer noch Männersache. Wer sich in den Werkstätten oder Baustellen umschaut, der wird bei der Suche nach weiblichen Auszubildenden, die an Autos schrauben, Passivhäuser bauen, Solaranlagen aufs Dach bringen oder Brötchen backen, meistens nicht fündig.
Nur 20 Prozent der Handwerkslehrlinge sind weiblich. Warum eigentlich? Finden Mädchen Handwerk einfach blöd? Oder sind es die Rahmenbedingungen, die sie abschrecken? Eine Arbeitsgruppe von Vertreterinnen des niedersächsischen Sozialministeriums und der niedersächsischen Handwerkskammern wollte dieser Frage auf den Grund gehen und hat nachgefragt. 10 junge Handwerkerinnen aus ganz Niedersachsen standen Rede und Antwort.
In einem eintägigen Workshop wurde herausgearbeitet, wie ihr Weg ins Handwerk war, welche Steine ihnen in den Weg gelegt wurden, wer sie unterstützt hat, was ihnen an ihrer Arbeit besonders gut gefällt, wo die Rahmenbedingungen noch verbessert werden könnten, mit welchen Vorurteilen gekämpft werden muss.
Es war ein rundum spannender Tag in der "Heldraumstation" in Hannovers Nordstadt, die an diesem Tag zur "Heldinnenraumstation" wurde. Die 10 jungen Frauen beeindruckten durch ihr Standing, ihre Professionalität und ihre Offenheit. Und vor allem durch ihre absolute Leidenschaft und Begeisterung für ihre Ausbildungsberufe - allesamt keine typischen Frauenberufe. Mit von der Partie waren eine Dachdeckerin, Tischlerinnen, Kfz-Mechatronikerinnen, Metallbauerinnen, eine Feinwerkmechanikerin, eine Bäckerin und Konditorin.
Fast alle berichteten übereinstimmend, dass es vor allem ihre Lehrer gewesen seien, die von einer dualen Ausbildung abgeraten hätten. Aber auch im familiären Umfeld habe es Widerstände gegeben, die zu überwinden waren. Fast alle gaben auch zu Protokoll, dass die leidige Toiletten- und Umkleidefrage noch immer nicht zur Zufriedenheit aller gelöst werden könne. Aber irgendwie haben die Azubinen gelernt, damit umzugehen.
Große Übereinstimmung gab es auch in der Einschätzung, dass Handwerksunternehmen, in denen Frauen in der Führung beteiligt sind, sich deutlich leichter tun mit weiblichen Auszubildenden. Und von den gleichaltrigen Freundinnen und Freunden käme viel Anerkennung für den ungewöhnlichen Weg, den die jungen Frauen eingeschlagen haben.
Mit großer Sachlichkeit wurde aus dem handwerklichen Alltag berichtet, in dem Wunsch und Wirklichkeit durchaus nicht immer zur Deckung gebracht werden können. Mehr Normalität im Umgang - das wünschten sich eigentlich alle am meisten. Und ein Berufsübergreifendes Netzwerk zum Austausch wäre auch gut. So wie der Tag in der Heldraumstation, einer Location, die absolut cool war und bei der Zielgruppe wunderbar ankam.
Trotz der einen oder anderen Widrigkeit steht für alle 10 außer Frage: Sie wollen weiterhin im Handwerk tätig sein! Auch wenn es auf die Knochen geht, und man auf sich und seine Gesundheit aufpassen muss. Und auch wenn es nicht so einfach sein dürfte, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, wenn das Thema Kinder ansteht. Aber auch dafür werden die jungen Frauen Lösungen finden, sobald es soweit ist.
Die Arbeitsgruppe "Frauen im Handwerk" wird die Ergebnisse des Workshoptages in den kommenden Wochen auswerten. Für 2020 ist eine Kampagne geplant. Wie die genau aussehen wird, ist noch nicht ganz klar. Man darf gespannt sein. (27.11.2019)
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K.O.N.E.K.T. Treffpunkt für Frauen im Handwerk.