Karl-Wilhelm Steinmann
Blesius
Karl-Wilhelm Steinmann

Das Handwerk sagt Nein zum geplanten Dienstleistungspaket. Handwerkskammerpräsident Karl-Wilhelm Steinmann befürchtet einen neuen Angriff auf den Meistertitel.Kampf um den Meistertitel

Hannover.- (see) Zum geplanten Dienstleistungspaket der EU-Kommission und zur Haltung des Handwerks dazu, haben wir Karl-Wilhelm Steinmann, Präsident der Handwerkskammer Hannover, ein paar Fragen gestellt.

Das sog. Dienstleistungspaket, das die EU-Kommission auf den Weg bringen will, ist vom deutschen Bundesrat und Bundestag offiziell gerügt worde. Wie steht das Handwerk dazu?

Steinmann: Das Handwerk hat sich sehr stark für die Rüge eingesetzt, weil wir das geplante Dienstleistungspaket für überflüssig und falsch halten. Die EU-Kommission will im Prinzip Berufe, Marktzugänge und Qualifikationsstandards so weit deregulieren, dass praktisch alles dem freien Markt überlassen wird. Uns lehrt aber die Erfahrung, dass daraus Arbeitslosigkeit, Qualitätseinbußen und wirtschaftlicher Niedergang entstehen.

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht unter anderem vor, alle Berufsreglementierungen auf den Prüfstand zu stellen. Befürchten Sie damit einen erneuten Angriff auf die Handwerksordnung und den Meisterbrief?

Steinmann: Das ist mittelfristig sicher nicht von der Hand zu weisen. Daher müssen wir der Bundesregierung und den EU-Gremien immer wieder deutlich machen, dass das deutsche System der dualen Ausbildung und der für bestimmte Handwerksberufe vorgeschriebene Meistertitel nicht die Wettbewerbsfreiheit beschneidet und damit Wachstum bremst, sondern im Gegenteil Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Erfolg sind.

Die Qualifikation des Meisters sichert die Qualität von Produkten und Dienstleistungen und trägt dadurch zum Verbraucherschutz bei. Außerdem haben Meisterbetriebe eine deutlich höhere Ausbildungsleistung und sichern den Fachkräftebedarf. Sie halten sich länger am Markt und haben ein höheres Innovationspotential.

Was hätte die Abschaffung des Meistertitels denn konkret für Konsequenzen?

Steinmann: Auf allen Ebenen ist und bleibt die Deregulierung eine große Gefahr für den Wirtschaftszweig Handwerk und damit für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Das Handwerk wird für junge Menschen unattraktiver, was den ohnehin schon gravierenden  Fachkräftemangel noch einmal verschärfen würde. Außerdem belegen aktuelle Studien, dass der Markt allein nicht im Stande ist, Verbraucher vor Pfusch zu schützen. Freiwillige Qualifikationszertifikate oder Bewertungsportale, wie die EU das fordert, können dies nicht leisten. Letztendlich wird dies auch Konsumenten gefährden. Alles gute Gründe, um die bewährte deutsche Handwerksordnung nicht anzutasten.

Was tun Sie gegen diese neue Offensive auf EU-Ebene?

Steinmann: Wir kämpfen dafür, dass die EU-Kommission die Vorteile des dualen Ausbildungssystems und des qualifikationsgebundenen Berufszugangs endlich anerkennen und den Meistertitel nicht fortwährend als Wettbewerbshindernis diskreditieren. Daher suchen wir jetzt im Kammerbezirk Hannover das Gespräch mit unseren EU-Abgeordneten. Das erste Treffen mit Burkhard Balz (MdEP) fand bereits in der Kreishandwerkerschaft Schaumburg statt. Weitere Gespräche  mit den EU-Abgeordneten Bernd Lange aus Hannover und Gesine Meißner aus Wennigsen werden folgen. Burkhard Balz hat unsere Argumente sehr positiv aufgenommen und uns seine Unterstützung im EU-Parlament zugesichert.