Female Photoclub Titel Portraits

Der Female PhotoclubEin Netzwerk, das stärkt

Hannover (ak). - Wussten Sie, dass gerade einmal 25 Prozent der Fotografinnen und Illustratorinnen im Jahr 2022 die Titel von insgesamt 72 deutscher Magazine fotografiert oder illustriert haben? Der Anteil der männlichen Kollegen liegt bei 54 Prozent. Die Erhebung von Female Photoclub e.V., Freelens e.V. und vom Deutschen Journalisten-Verband Nord zeigt: Frauen sind (auch) in dieser Berufsgruppe deutlich unterrepräsentiert.

*Die übrigen 21 Prozent entfallen auf gemischte Teams, nicht genau zuordenbare Credits oder Agenturcredits ohne Nennung von Urheberinnen und Urheber.

Der Female Photoclub

Fotografinnen sichtbar machen und vernetzen, dass ist der Kerngedanke vom Female Photoclub. Der Verein hat es sich zum Ziel gemacht, den Austausch von Fotografinnen untereinander zu fördern und auf Ungleichheiten in der Branche aufmerksam zu machen. Deutschlandweit gehören 400 Mitglieder dem Verein an, welcher dezentral organisiert ist und laut Portfolio "allen Personengruppen zur Mitgliedschaft offensteht, die sich als weiblich, inter*, nichtbinär, trans* oder agender definieren und professionell in der journalistischen, künstlerischen oder werblichen Fotografie im B2B-Bereich tätig sind".

Die Lokalgruppe in Hannover vereint zurzeit 16 Fotografinnen. Unter ihnen sind Simona Bednarek, Mona Binner und Stephanie Harke. Wie sie zur Fotografie gekommen sind, welche Bedeutung der Female Photoclub für sie hat und welche Erfahrungen sie mit dem Thema Gleichberechtigung gemacht haben, erzählen die drei Fotografinnen hier.

Als ich mich selbstständig gemacht habe, hatte ich mit meiner damaligen Grafikerin zusammen entschieden meinen Vornamen in meinem Logo zu streichen, weil ich dachte, es könnte ein Nachteil sein, wenn man sofort sieht, dass ich eine Frau bin.  - Simona Bednarek 

Simona Bednarek - Female Photoclub Hannover
Bednarek
Simona Bednarek - Female Photoclub Hannover

Simona Bednarek wollte schon als Kind Fotografin werden. "Mit acht Jahren habe ich meine erste Analogkamera von meiner Oma geschenkt bekommen", erinnert sie sich, "es gab für mich nie einen Plan B."
Nach ihrer Ausbildung hat sich Bednarek direkt selbstständig gemacht: "Mit 23 Jahren eigentlich total naiv. Manchmal überlege ich mir, ob ich es mir nicht einfacher gemacht hätte, wäre ich den klassischen Weg gegangen und hätte nach der Ausbildung erstmal eine Assistenz-Stelle angenommen. Andererseits macht es mich zu dem, was ich jetzt bin", sagt die Hannoveranerin.

Als Bednarek 2019 auf einer Konferenz vom Female Photoclub hörte, folgte sie dem Verein erstmal auf Social Media: "Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich dem Verein beitrete. Ich war irgendwie Netzwerkmüde. Das hat für mich nie so richtig funktioniert." Ende 2020 hat die heute 33-Jährige es dann doch gewagt: "Und ich wurde nicht enttäuscht. In meiner Selbstständigkeit habe ich mich lange als Einzelkämpferin gefühlt. Das ist jetzt vorbei. Wir unterstützen uns gegenseitig, tauschen uns aus und sind bei Fragen und Problemen nicht alleine." Die Werte, die der Verein vertritt, teilt Bednarek: "Männer empfehlen Männer und hier ist es komplett anders. Wir wollen einfach nur Gerechtigkeit. Zum Beispiel in der Bezahlung. Frauen verdienen immer noch weniger als Männer. Dabei macht es überhaupt keinen Sinn das Geschlecht als Hindernis dafür zu sehen, dass man etwas schlechter oder besser kann."

Als ich erfahren habe, dass ich schwanger war, bekam ich von einer Bekannten den Tipp, es für mich zu behalten, um keine Aufträge zu verlieren. - Mona Binner

Mona Binner hat es von klein auf geliebt, in Fotoalben zu blättern: "Es war für mich immer etwas Besonderes schöne Momente einzufangen." Zwar hatte Binner während ihrer Schulzeit eine Phase, in der sie Modedesign studieren wollte, sich dann aber letztlich doch für die Ausbildung als Fotografin entschieden: "Ich wollte einfach das Praktische. Auch für meine Eltern hat sich nie die Frage gestellt, dass ich nach der Schule studiere. Für sie wäre es wahrscheinlich komisch gewesen, wäre ich angekommen und hätte gesagt, dass ich Ärztin werden will", blickt Binner zurück.

Mona Binner - Female Photoclub Hannover
Bednarek
Mona Binner - Female Photoclub Hannover

Mit Anfang 20 machte sich sie sich dann selbstständig. Zunächst als freie Assistentin, um in Hannover, Hamburg und London zu arbeiten, und dann als Fotografin: "Ich habe klein angefangen. Mit einer Kamera, einem Licht, einem Stativ und mir Stück für Stück alles aufgebaut."
2021 landete dann eine E-Mail in ihrem Postfach, die sie nicht los lies: "Ich wurde zu einem Treffen vom Female Photoclub eingeladen und bin dort hingegangen, weil es mich überzeugt, wofür der Verein steht." Und dabei blieb es nicht. Ende 2021 trat die heute 40-Jährige dem Photoclub bei. "Der Verein macht die Unterschiede in der Berufswelt bewusst. Frauen wird es oft schwergemacht, vor allem dann, wenn sie selbstständig und Mutter sind. Dabei passt beides wunderbar zusammen", sagt Binner. "Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Aufträge nicht nach Geschlecht vergeben werden und Frauen aufgrund familiärer Lebensumstände nicht benachteiligt werden."

Als Frau hinterfragt man sich und seine Arbeiten oft und überlegt, ob diese überhaupt allen Ansprüchen genügen. Das machen Männer so nicht. - Stephanie Harke

Stephanie Harke - Female Photoclub Hannover
Harke
Stephanie Harke - Female Photoclub Hannover

Ein Jahr nachdem Stephanie Harke ihr BWL-Studium angefangen hatte, merkte sie, dass das irgendwie nicht das Richtige für sie ist. "Wenn du genau das tun könntest, was du willst, was würdest du tun?", fragte sich die Hannoveranerin. Ihre Antwort kam prompt: Fotografin. "Ich habe das Künstlerische schon immer geliebt aber war mir nicht sicher, ob man davon wirklich Leben kann", sagt Harke. Nach ihrer Ausbildung nahm sie eine Assistenz-Stelle in Hamburg an: "Da wurde mir das erste Mal richtig bewusst, dass es ja hauptsächlich Männer sind, die in diesem Beruf arbeiten"

Zehn Jahre arbeitete sie als Bildredakteurin und Fotografin bei verschiedenen Agenturen und Medienhäusern: "Irgendwann vermisste ich es selbst zu fotografieren und beschloss zeitgleich zurück nach Hannover zu ziehen, um dort als selbstständige Fotografin und Bildredakteurin zu arbeiten." In Hannover traf die heute 37-Jährige dann eine bekannte Fotografin wieder, die eine Lokalgruppe des Female Photo Clubs in Hannover aufbauen wollte: "Ich wollte gerne dabei sein, weil ich unbedingt andere Fotografinnen aus Hannover kennenlernen und mich mit ihnen vernetzen wollte", sagt Harke. Zentral ist dabei für sie die Transparenz und Solidarität: "Ich finde es zum Beispiel super, dass wir offen mit unseren Honoraren umgehen. Die männlichen Kollegen machen da doch oft ein Geheimnis drum." Außerdem ist es für die Fotografin als frischgebackene Mutter hilfreich zu sehen, "welche Wege die anderen schon gegangen sind. Der Austausch untereinander ist super sehr wertvoll." Den Horizont erweitern, das ist für sie auch der wichtigste Rat, den sie jungen Nachwuchsfotografinnen mit auf dem Weg geben möchte: "Traut euch. Mir ist erst in der Berufsschule, als eine Modefotografin und eine Bildredakteurin eingeladen wurden, um über ihren Werdegang zu sprechen, deutlich geworden, dass Fotografie so viel mehr ist. Wenn du davon träumst für die New York Times zu arbeiten, dann bewirb dich. Setz dir große Ziele." (28.08.2023)