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Handwerk NiedersachsenJahresrückblick 2023 und Perspektive 2024

Hannover.- „In Niedersachsen sind über 85.000 Handwerksbetriebe mit über einer halben Million Mitarbeitenden flächendeckend vor Ort im Einsatz im Bausektor, in der Kfz-Branche, als industrielle Zulieferer, in den Nahrungsmittel- und Gesundheitshandwerken sowie als personennahe Dienstleister. Die Betriebe sind standortverbunden, denken häufig als Familienbetriebe über Generationen und sind - wie vor allem in Coronazeiten deutlich wurde - unmittelbar systemrelevant“, betont Eckhard Stein, Vorsitzender der LHN am Ende eines ereignisreichen Jahres. „Noch ist die Lage im Handwerk insgesamt als robust einzustufen. Das ist in der aktuell sehr herausfordernden Zeit eine positive Nachricht für das Jahr 2023. Sorge bereitet mit Blick auf das Jahr 2024 die Stimmungslage!“

„Politik muss Verlässlichkeit und Planbarkeit in den Betrieben und für die Mitarbeitenden ermöglichen. Dabei ist für die Transformation ein grundlegender Erneuerungsprozess erforderlich, der natürlich auch zu Verunsicherungen führt. Gerade in solchen Zeiten sind für die Wirtschaft insgesamt wettbewerbsfähige Energiepreise, ein faires und transparentes Steuersystem, bürokratische Entlastungen verbunden mit einer konsequenten Digitalisierung und die Sicherung von Bildungsstandards und – möglichkeiten von maßgeblicher Bedeutung.“

Die Handwerkskammern in Niedersachsen haben mit einer Vielzahl von Stellungnahmen, Gesprächen und Einladungen von Politikerinnen und Politikern auf die besonderen Bedürfnisse des Handwerks hingewiesen und politische Forderungen formuliert. Auf Landesebene ist einiges auf offene Ohren gestoßen. Dazu zählt u.a.

  • die Meisteranerkennungsprämie in Höhe von 4.000 Euro, die fortgeführt wird, was eine Wertschätzung des Landes für diesen Abschluss zeigt. Trotz der demografischen Entwicklung konnte dem Rückgang an Meisterprüfungen entgegengewirkt werden. Knapp 2.000 junge Menschen haben sie in 2023 in Anspruch nehmen können. Auch bei der Meistergründungsprämie für den unternehmerischen Nachwuchs im Handwerk in Höhe von 10.000 Euro und der Nachfolgemoderation im Zuge des Generationswechsels wird der Rotstift nicht angesetzt.
  • die bürokratischen Entlastungen, die sich auch bei der geplanten Anpassung der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) und der Entwicklung hin zu einer echten Umbauordnung abzeichnen. Die Verkürzung von Genehmigungsverfahren ist ein gutes Signal an Bauwillige und die Wirtschaft sowie das Handwerk mit seinen Bauhaupt- und Ausbaugewerken. Mit der geplanten Novelle wird dem allgegenwärtigen Ruf nach Entbürokratisierung endlich ein Stück weit konkret Rechnung getragen. So soll z.B. der Schallschutz im Falle eines Umbaus künftig nur noch dem Standard des Baujahres der gesamten Immobilie entsprechen müssen. Derzeit müssen alle Maßnahmen dem heutigen technischen Standard entsprechen. Dies ist oftmals kaum in einem wirtschaftlich vernünftigen Rahmen umsetzbar.
  • die Entlastungen der Stromsteuer, die im gemeinsamen niedersächsischen Spitzengespräch der Wirtschafts- und Sozialpartner als eine Maßnahme vereinbart werden konnte. Aktuell beträgt die Stromsteuer etwa 1,54 Cent pro Kilowattstunde. Sie wird auf den europäischen Mindestsatz von 0,05 Cent pro Kilowattstunde gesenkt. Die Absenkung der Stromsteuer gilt zunächst für die Jahre 2024 und 2025. Ein Wehrmutstropfen bildet die Beschränkung auf „Unternehmen des Produzierenden Gewerbes“.  Energieintensive Gewerke mit Dienstleistungscharakter wie beispielsweise Textilreiniger, Friseure und Teile des Kfz-Handwerks sind von der Begünstigung ausgeschlossen. Zudem stehen auch die Erhöhungen des CO2-Preises sowie Erhöhungen der Netzentgelte an. Dieses muss weiterhin im Blick behalten werden.

Neben diesen beispielhaft aufgeführten Lichtblicken bleiben auch Schatten. Dazu zählen z.B.

  • das schlechte Abschneiden beim jüngsten Pisa-Test. Die Kernkompetenzen Lesen, Rechnen und Schreiben müssen in den Grundschulen wieder in den Vordergrund gestellt werden. Sie sind die Basis für den weiteren schulischen Erfolg.
  • die mangelnde Berufsorientierung junger Menschen und die hohe Zahl junger Menschen ohne Ausbildungs- und Studienabschluss. Das können wir uns in Zukunft nicht leisten. Es bringt die nächste Generation um ihre Zukunftschancen und die Wirtschaft um ihre dringend benötigten Fachkräfte.
  • die weiterhin hohen bürokratischen Belastungen, die entgegen allen Ankündigungen im Zuge z.B. der Nachhaltigkeitsberichterstattung und einer nachhaltigen Finanzierung weiter steigen werden. An dieser Stelle müssen KMU-gerechte Lösungsmöglichkeiten geschaffen werden, an denen die Handwerkskammern arbeiten und die in den politischen Prozess eingebracht werden.
  • die hohen Sozialversicherungsbeiträge, die gerade arbeitsintensive Wirtschaftsbereiche besonders belasten. Die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme kann in Zukunft nicht allein über den Faktor Arbeit erfolgen. Arbeitsintensive Wirtschaftsbereiche werden überproportional gefordert.

„Der politische Handlungsbedarf auf Landes- und Bundesebene bleibt weiter hoch. Landes- und Bundespolitik müssen gerade die KMU und das Handwerk im Blick behalten. Ein einseitiger Fokus auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit reicht nicht. Auch eine erfolgreiche Ansiedelungspolitik setzt vor Ort gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen voraus“, betont der Spitzenvertreter der Handwerkskammern in Niedersachsen. (22.12.2023)

 

 

  Weitere Informationen unter: www.handwerk-lhn.de